China – Wirtschaft

Was dich in diesem Materialpaket erwartet

In diesem Materialpaket findest du zunächst eine Sammlung von Links, Grafiken und Videos zur neueren wirtschaftlichen Entwicklung Chinas. Mit Hilfe des unten stehenden Textes kannst du dir einen Überblick über die wirtschaftliche Entwicklung Chinas im 20. und 21. Jahrhundert verschaffen. Klicke auf das Bild, um das Materialpaket zu öffnen. Du gelangst du auf eine externe Seite von padlet.com.

Wirtschaftliche Entwicklung Chinas unter Mao Zedong

Nachdem im Jahr 1949 die Volksrepublik China ausgerufen wurde, interessierte das Ausland vor allem die Frage, wie das Land jemals seine riesige Bevölkerung ernähren wolle. Mehr als 50 Jahre später sieht sich die Welt einem Land gegenüber, das nicht nur seine Bevölkerung ernährt, die sich seither mehr als verdoppelt hat, sondern es auch zur größten Exportnation der Welt gebracht hat. Die Wirtschaftspolitik unter Mao Zedong war von der Einführung einer Planwirtschaft nach sowjetischem Vorbild geprägt. Ein Plan sollte den Markt bei der Verteilung von Ressourcen und Investitionen ersetzen. Das Ziel war dabei ein ähnliches wie in der jungen Sowjetunion 1922 – ein von Feudalismus geprägtes Agrarland durch einen zentralen Plan schnellstmöglich zu industrialisieren und höchstmögliches Wirtschaftswachstum zu erreichen. Der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Entwicklung lag daher auf der Schwerindustrie.

Mao legte außerdem großen Wert auf eine autarke Entwicklung. Nicht nur China als Ganzes, sondern auch einzelne Provinzen oder Regionen sollten sich selbst versorgen können. Chinas Streben nach Autarkie behinderte einerseits die wirtschaftliche Entwicklung, verhinderte aber auch einseitige wirtschaftliche Ausrichtung für den Weltmarkt und Abhängigkeiten von den entwickelten Industriemächten.1

Mao setzte in der Wirtschaftsentwicklung auf Massenkampagnen, etwa den Großen Sprung nach vorn oder die Kulturrevolution. Diese beiden vor allem politisch motivierten Bewegungen warfen das Land jedoch um viele Jahre zurück, Historiker schätzen heute, dass der Große Sprung nach vorn (1959–61) bis zu 30 Millionen Menschen das Leben gekostet hat: Die meisten verhungerten, weil Maos Politik zu gewaltigen Missernten führte. Die Kulturrevolution (1966–1976) legte in China Bildung und Wissenschaft für ein ganzes Jahrzehnt praktisch lahm: Ein bekannter Spruch der Kulturrevolution lautet „Lieber rot als Experte“: Es war also besser, auf der politisch „richtigen“ Seite zu stehen, als über bestimmte Fähigkeiten zu verfügen.

Das wirtschaftliche Erbe Maos war zwiespältig: Einerseits wuchs das Bruttoinlandsprodukt zwischen 1952 und 1975 um jährlich durchschnittlich 6,7 Prozent, die Möglichkeiten für Bildung (insbesondere für Frauen), medizinische Versorgung und soziale Sicherheit erreichten ein Niveau, das es in der Geschichte des Landes zuvor nie gegeben hatte und der Anteil der Industrie an der Wirtschaftskraft wurde von etwa 20 Prozent (1952) auf 45 Prozent (1975) gesteigert. Diese Erfolge beruhten jedoch größtenteils auf der Mobilisierung zusätzlicher Ressourcen, die Investitionen wurden zunehmend ineffizienter und das relativ hohe Wirtschaftswachstum konnte nur zu einem sehr geringen Anteil in höheren Konsum der Bevölkerung umgesetzt werden.

Wirtschaftliche Reformen und Abkehr von der Planwirtschaft

Der Tod von Mao im September 1976 eröffnete die Möglichkeit zu Reformen. Es ist unwahrscheinlich, dass eine Fortsetzung der Wirtschaftspolitik, wie sie unter Mao gemacht wurde, noch lange möglich gewesen wäre. Im September 1977 bekam Deng aufgrund des Einflusses pragmatischer Funktionäre alle ihm im Jahr 1976 entzogenen Ämter zurück und es gelang ihm, den neuen Parteivorsitzenden Hua Guofeng schrittweise zu entmachten. Ab 1979 war Deng de facto der neue Parteiführer. Deng unterwarf China nicht einer wirtschaftlichen Schocktherapie wie es in Osteuropa nach 1990 geschah, sondern er ging vorsichtig tastend und experimentierend vor.2 Durch Werbekampagnen wurde in der Bevölkerung des Landes die Hoffnung auf eine moderne Konsumgesellschaft stimuliert.

Deng Xiaoping nahm als dringendstes Problem die Kollektivierung der Landwirtschaft schrittweise zurück. Die Bauern hatten von da an Eigentumsrechte an ihren Produkten, Landbesitz war jedoch weiterhin nicht möglich. Die Bauern durften jedoch den Teil der Ernte, den sie über die staatlichen Planvorgaben einbringen konnten, auf freien Märkten und zu freien Preisen verkaufen.

Ab 1979 wurden unter dem Schlagwort „Ein Land – zwei Systeme“ in den Provinzen Guangdong, Fujian und Hainan Sonderwirtschaftszonen mit wirtschaftlichen Sonderrechten und eigener Gesetzgebungskompetenz geschaffen. Die Zonen sollten unabhängig vom übrigen China mit neuen Wirtschaftsformen und liberaleren Wirtschaftspolitiken experimentieren und ausländisches Kapital und Fachwissen anziehen. Außerdem versprach sich die chinesische Führung von der neuen Wirtschaftspolitik die Schaffung neuer Arbeitsplätze und damit einhergehend eine bessere Versorgung der Bevölkerung mit Konsumgütern. Der Schwerpunkt der Produktion sollte nun auf der Herstellung von Exportgütern liegen, um vermehrt Devisen zu erwirtschaften, mit denen mittel- und langfristig auch ausländische Märkte erschlossen werden konnten. Auch der Transfer von technischem Know-How für inländische Unternehmen galt als Ziel dieser Politik.3

Für die ersten Sonderwirtschaftszonen wurden absichtlich besonders rückständige und unbedeutende Gebiete ausgesucht. Sollten die Experimente erfolgreich sein, dann könnten sie auf ganz China ausgeweitet werden, ginge jedoch etwas schief, dann wäre der Schaden begrenzt und weit weg von Peking.4

Mit Hilfe der relativ niedrigen Löhne sowie niedriger Steuersätze und Subventionen für Grund und Boden in den Sonderwirtschaftszonen, gelang es China ausländische Direktinvestitionen (ADI) anzuziehen. In der Folge führte dies zu mehr und mehr ausländischen Unternehmensgründungen in den ausgewiesenen Gebieten – auch Dank der Aussicht auf einen neuen Absatzmarkt mit mehr als 1,3 Mrd. Menschen.5

Mit dem Erfolg der Sonderwirtschaftszonen wurden wirtschaftliche Konzepte der Sonderwirtschaftszonen auf weitere Gebiete ausgeweitet. Bereits 1984 erhielten 14 Küstenstädte, darunter Shanghai, als „offene Städte“ ähnliche aber weniger weit reichende Privilegien.6 Nach Hinzufügung weiterer Wirtschaftsöffnungszonen entstand 1985 ein zum Ausland geöffneter Wirtschaftsstreifen an der Küste.7 In der Folgezeit entstand eine Vielzahl „spezieller Wirtschaftszonen“ mit verschiedenen Regulierungsformen, zunächst vor allem an der Küste, später auch im Binnenland.8

Ab 1984 wurde die Vorgehensweise der Landwirtschaft, Produkte, welche über die Planvorgabe hinaus produziert wurden, für den freien Markt freizugeben, auf die Industrie übertragen. Die Behörden schlossen Verträge mit den staatlichen Betrieben und reduzierten ihre Einmischung in deren Tagesgeschäft. Auf diese Art gab es kräftiges Wachstum, aber es entstand auch ein zweigleisiges Preissystem, in dem parallel Plan- und Marktpreise existierten.9

Im Oktober 1987 wurde auf dem 13. Parteitag der KPCh die „3-Schritte“-Strategie zur Entwicklung Chinas verabschiedet. Die konkreten Ziele waren: Als erster Schritt sollte sich von 1981 bis 1990 das Bruttoinlandsprodukt verdoppeln und das Ernährungs- und Bekleidungsproblem der Bevölkerung sollte im Großen und Ganzen beseitigt werden. Als zweiter Schritt sollte sich das BIP von 1991 bis zum Jahr 2000 noch einmal verdoppeln, und die Bevölkerung sollte ein Leben in bescheidenem Wohlstand führen können. Als dritter Schritt soll bis zum Jahr 2050 China den Stand der Schwellenländer erreichen.10

Um das Problem mit dem zweigleisigen Preissystem zwischen Plan- und Marktpreisen zu beseitigen, wurde ab 1987 damit begonnen, die Preise völlig freizugeben. Auf dem XIV. Parteitag der kommunistischen Partei Chinas im Herbst 1992 wurde die Absicht, eine sozialistische Marktwirtschaft aufzubauen, als wirtschaftspolitisches Ziel festgelegt. Seither entwickelt sich eine Privatwirtschaft in den Städten, die bis 1992 kaum existierte.11

Ein Schwerpunkt zur Umsteuerung der Wirtschaft hin auf die Marktwirtschaft wurde im Finanzsektor gesetzt. Banken sollten Kredite nur noch nach Kreditwürdigkeit und nicht mehr nach politischen Vorgaben vergeben. Auf diese Weise sollten Eingriffe der Staatsverwaltung in die Unternehmen, die dann ja von den Kredit gebenden Banken kontrolliert würden, entbehrlich gemacht werden.

Die Verluste aus den Staatsbetrieben wuchsen in den 1990er Jahren an und so wurde beschlossen, dass der Staat sich aus der Mehrheit der Staatsunternehmen zurückziehen solle. Unternehmen ohne strategische Bedeutung konnten privatisiert oder geschlossen werden.12

Entwicklungen im 21. Jahrhundert

Im Jahr 2001, dem Jahr des Beitritts Chinas zur Welthandelsorganisation (WTO), war ungefähr die Hälfte aller Arbeitnehmer in den Städten im privaten Sektor beschäftigt. Der WTO-Beitritt geschah mittels eines rund tausend Seiten langen Vertrags, in welchem festgelegt wurde, in welchen Schritten und in welchem Zeitrahmen China seinen Markt für ausländische Firmen zu öffnen hatte. Im Gegenzug dazu verpflichteten sich die anderen Staaten, ihre Märkte für chinesische Waren weiter zu öffnen.13 Der Beitritt Chinas zur WTO war wirtschaftlich ein Erfolg. Die Industrieproduktion stieg anschließend um über 15 Prozent jährlich, die Stahlproduktion um über 20 Prozent jährlich.

Seit Beginn des neuen Jahrhunderts, besonders aber nach dem Amtsantritt des neuen Parteichefs Hu Jintao, bekam die wirtschaftliche Entwicklung des bisher eher vernachlässigten ländlichen Zentralchina hohe Priorität. Die Transformation der chinesischen Wirtschaft in den 90er Jahren, von einer Planwirtschaft hin zu einer Marktwirtschaft, mit all den Arbeitsplatzverlusten, musste die Landbevölkerung durch künstlich niedrig gehaltene Lebensmittelpreise mitfinanzieren. Nach dem wirtschaftlichen Erfolg Chinas sollte nun die Landbevölkerung Chinas durch die städtische Wirtschaft unterstützt werden. So wurde z. B. die Agrarsteuer für die Bauern im Jahr 2006 abgeschafft, die meisten Bauern zahlen zurzeit keine Steuern mehr, und die Landbevölkerung beginnt vom Aufbau der landesweiten Infrastruktur, die neue Verdienstmöglichkeiten schafft, zu profitieren. Aber trotz der Verbesserungen ist die Lage unbefriedigend. Ein Angehöriger der neuen städtischen Mittelschicht verdient ein Vielfaches von dem, was ein Bauer verdient.14

Derzeit wird die industrielle Entwicklung auf ganz China ausgedehnt. Die Regierung überzieht das Land mit neuen Straßen, Bahnlinien, Flughäfen und weiterer benötigter Infrastruktur wie Wasser- und Stromversorgung, Energie und Telekommunikationsanschlüssen. Aktuell werden die Millionenstädte Chinas in die chinesische Wirtschaft, und damit in die Weltwirtschaft, verkehrsmäßig eingebunden und mit der notwendigen Infrastruktur ausgestattet. Als Nächstes sind dann die Städte mit mehr als 200.000 Einwohnern eingeplant. In die derart ausgerüsteten Städte werden dann, vergleichbar mit dem Prinzip der Sonderwirtschaftszonen, private Investoren aus China wie aus dem Ausland eingeladen.15

Chinas Infrastruktur und Wirtschaft wächst rasant, hat aber auch die Kehrseite der Belastung der Umwelt, Luft- und Wasserverschmutzung. Chinesische Großstädte gehören zu den Städten mit der stärksten Luftverschmutzung weltweit. Inzwischen hat sich das Denken der chinesischen Regierung gewandelt und Umweltzerstörung und Umweltverschmutzung werden von ihr als ein Hauptproblem Chinas eingestuft. Deshalb investierte China fast 40 Prozent seines Finanzkrisen-Konjunkturprogramms der Jahre 2009 und 2010 in die Unterstützung einer umweltfreundlicheren Wirtschaft.16

Trotz aller wirtschaftlichen Erfolge der letzten Jahrzehnte bleibt die Ernährung der Bevölkerung eine wesentliche Herausforderung, sie gilt aufgrund der im Vergleich zur großen Bevölkerung geringen landwirtschaftlich nutzbaren Fläche als nicht gesichert.


Quelle: Der Text ist ein bearbeitet Version des Artikels „Wirtschaftsgeschichte der Volksrepublik China“ und steht unter der Lizenz CC BY-SA 3.0.

1 Alexander Eckstein: Chinas Handelspolitik und die chinesisch-amerikanischen Beziehungen China’s Trade Policy and Sino-American Relations Oktober 1975
2 Uwe Böwer: Die Außenwirtschaftspolitik der VR China Projektgruppe Model United Nations, München 2000 (Memento vom 30. Januar 2012 im Internet Archive)
3 Frank, Silke et al. (Hrsg.) (2014): Terra. Ostasien. Themenband Obestufe. S.30-31.
4 Andreas Tank: Sonderwirtschaftszonen in China Universität Kassel, 18. Februar 2002 (Memento vom 30. Januar 2012 im Internet Archive)
5 Frank, Silke et al. (Hrsg.) (2014): Terra. Ostasien. Themenband Obestufe. S.30-31.
6 Doris Fischer: China in der Weltwirtschaft Bundeszentrale für politische Bildung
7 Wirtschaftssonderzonen. (Memento vom 3. Januar 2012 im Internet Archive) China Radio International (CRI)
8 Hans Gebhardt: China – von den Sonderwirtschaftszonen zur integrierten Entwicklung der Megacities des Landes. (PDF; 7,8 MB) Geographisches Institut der Universität Heidelberg
9 Doris Fischer: Chinas sozialistische Marktwirtschaft. Bundeszentrale für politische Bildung
10 Entwicklungsstrategie. (Memento vom 3. Januar 2012 im Internet Archive) China Radio International (CRI)
11 Chen Guidi, Wu Chuntao: Zur Lage der chinesischen Bauern. ISBN 978-3-86150-798-7, S. 354
12 Sozialabsicherung. (Memento vom 4. Januar 2012 im Internet Archive) China Radio International (CRI)
13 Andreas Lorenz: Eintritt in eine neue Ära. Spiegel Online, 9. November 2001
14 Theodor Bergmann: Chinas langer Weg zur Abschaffung der Agrarsteuer. In: Junge Welt, 17. Januar 2006
15 Georg Blume: Maos Erfolgsrezept. In: Die Zeit, Nr. 21/2009
16 Daniela Schröder: China plant die grüne Revolution. Spiegel Online, 16. November 2009


Tipps zum Vertiefen

Auf den Seiten der Bundeszentrale für politische Bildung erfährst du noch mehr über die Entwicklung der chinesischen Wirtschaft im 21. Jahrhundert.


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